Gedanken auf der Fahrt

I (Ich): So Tage wie diesen kann man wirklich nicht auf der Strasse verbringen… so heftigen Regen den ganzen Tag! bin froh über die Hütte… entschuldige bitte…
M (Maschine): Ach, was denn, stehe nur mal wieder hier im Nassen rum… wenn ich irgendwann nicht mehr anspringe, so ist es zumindest nicht meine Schuld.
I: Du Arme, das tut mir auch wirklich sehr leid, aber was soll ich machen?
M: Bei der nächsten Tour vielleicht noch ne Haube für mich mitnehmen?
I: Ich bin auch schon so am Limit mit dem ganzen Gepäck…
M: … was ich schleppen muss…
Moderator: Obacht Jungs!
I: Oh, Ja, alles klar. So ein Tag frei hat doch auch was Gutes für dich, oder?! Du musst nicht laufen und deine Zylinder bekommen mal einen Tag Ruhe.
M: Ja, aber alles andere nässt und rostet vor sich… ah, Entschuldigung. Ja, mein Lieber, du hast vollkommen Recht, freu mich über diesen Tag und das es morgen wieder weiter geht mit besserem Wetter.
I: Vorgestern ist mir dein Schatten aufgefallen, sah aus wie ein Falke.
M: Ja, das ist “mein inneres Krafttier”, was ich aber nur selten zeige und immer nur wenn die Jagd an dem Tag erfolgreich war.


I: Wie ist das eigentlich wenn du so fährst, machst du dir dann so deine Gedanken?
M: Du bist wieder bei deinen menschlichen Grundvorstellungen… ich denke nicht, ich arbeite. Ich muss ja während der Fahrt alles kontrollieren, Zylinder, Vergaser Gabelfeder und so weiter. Aber manchmal, muss ich zugeben, wenn wir so locker dahin zockeln, bei gleichmässigen 4.000 Touren, dann falle ich schon mal in eine Art Trance. Das ruhige Auf und Ab meiner Kolben bringt mich dann irgendwie dazu… abzuschweifen.
I: Ah, also doch!
M: Nur manchmal!
I: Aber das geht mir genau so, bei dieser ruhigen Fahrt über Landstrassen bekommen die Gedanken oft Flügel. Letztens, da unten im Süden, wo die Strassen noch eng und mit Haltebuchten versehen waren, weil zwei Camper nur schwerlichst aneinander vorbei kommen, da sind wir doch hinter so nem Deutschen hergefahren, weisst du noch? 
M: Na, das kam ja schon mal häufiger vor, aber meinst du den aus Bottrop?
I: Yep! 
M: Der war krass!
I: Während der so auf der Mitte der Strasse rumzuggelte und wir nicht vorbei kamen, entwickelte sich in meinem Kopf das Zwiegespräch der beiden, die da im Camper vor uns saßen. Der Fahrer war Heinz (H), 72 Jahre alt, Pensionär, vorher Schweisser und seine Beifahrerin, die Inge (I), 71, auch Rentnerin und davor Chefsekretärin. — I: Hör mal, was machst du denn da, warum fährst du so nah hier rechts an die Kante? H: Hinter mir ist nen Moped, den lass ich kurz vorbei. I: Ja, bist du denn verrückt, setzt hier unsere Sicherheit wegen eines Wildfremden aufs Spiel? Fahr sofort mehr in der Mitte. H: Aber wenn uns ein Auto entgegen kommt, dann fahre ich doch auch weiter rechts. I: Das ist doch was ganz anderes und ausserdem hast du die Ausmaße dieses Auto noch nicht im Griff. Und überhaupt, wir haben die Kaution für diesen Camper bezahlt, nicht der Typ hinter uns… oh, Heinz, pass auf, da kommt ne Kurve, mach langsam. H: Mach ich doch schon. I: Oh, noch langsamer, wer weiß was nach der Kurve kommt H: Also langsamer als 20 kann ich nun wirklich nicht. I: Was bist du denn so nervös? H: ICH bin nicht nervös. I: Du machst aber so den Eindruck… oh, da kommt ein Auto, hab ich es nicht gesagt? Obacht! H: Ja! Ich halte gleich mal kurz an und lass die Autos vorbei, das sind bestimmt schon zwanzig hinter uns. I: Nein Heinz, das machst du nicht, wir haben wie alle anderen das Recht auf dieser Strasse zu fahren! H: Dann zumindest den Mopedfahrer, der kriegt bestimmt schon die Krise wegen uns. I: Nein, Heinz, das kommt gar nicht in Frage. Diese Motorradfahrer sind ja ohnehin alle Rowdies und fahren sich regelmäßig tot mit ihren verrückten Maschinen. Seine Mutter wird uns bestimmt dankbar sein, das wir ihn davon abhalten sich zu wagemutig in die nächste Kurve zu stürzen. H: Och, Inge. — 
Exakt dieselbe Konversation ereignete sich dann noch einmal fünfzehn Kilometer weiter zwischen der Fahrerin, Nele, 27 Jahre, Eventmanagerin und ihrem Beifahrer Ole, 25 Jahre, Systemadministrator, beide aus Hamburg.
M: Hihi, das hört sich sehr passend an.












I: Das Abendessen gestern mit Udo war richtig toll. Schön die beiden doch noch einmal getroffen zu haben.
M: Ja, aber seinen Land Rover Defender kann ich nicht verstehen, was spricht der?
I: Keine Ahnung… vielleicht Englisch?? Oder hat das was mit Zollgewinden zu tun… aber die benutzen die ja bestimmt nicht mehr, macht ja nur noch Harley, glaub ich. Aber irgendwie finden sich hier auf so einer Reise immer wieder die richtigen Leute. Genau das meinte ich mit meinen, wie du es so schön ausgedrückt hast, „Ausführungen“ über die Reise an sich und das jeder Tag ein neues Abenteuer ist.








Kommentare

  1. So ein Ruhetag tut sicher mal gut. Ihr müsst ja auch die ganzen Eindrücke verarbeiten. Und ich freue mich über die etwas längeren Geschichten an den Ruhetagen :-) Und natürlich imner über die großartigen Fotos, die mich diesmal teilweise etwas an "Dead Man" erinnern - aber nur im positiven Sinne! Gute Fahrt Euch beiden morgen!

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